VERGANGENES ENTDECKENZEITREISE DURCH DIE GESCHICHTE
Kuriose, spannende oder bedeutende Fakten haben hier ihren Platz. Mönche, Scholaren und Baumeister kommen zu Wort. Auf dieser Seite lässt es sich gut stöbern in der Geschichte von Kloster Maulbronn: Bewegen Sie die Zeitleiste quer durch alle Epochen, klicken Sie die Bilder an und reisen Sie mit!
Das Tier läuft ins Tal des Baches Salzach und steht dort unbeweglich. Es bringt sogar durch Hufschläge eine Wasserquelle aus dem Fels hervor. So wird dem Stifter des Klosters ganz deutlich der Ort für die Gründung von Maulbronn gezeigt – der Legende nach. Richtig ist jedoch, dass das Kloster zu diesem Zeitpunkt schon besteht, allerdings an einem weniger günstigen Platz bei Mühlacker. Und der neue Ort mit Wasserquelle ist besser. Interessant ist auch: Die Maulesellegende gibt es auch noch für andere Klöster.
Die Klostergründung im Salzachtal entwickelt sich schnell und erfolgreich. Maulbronn besitzt bereits 11 „Grangien“, landwirtschaftliche Betriebe. Noch einmal 100 Jahre später sind es schon 20 solcher Höfe, die dem Kloster gehören und es vermögend machen.
Die große Klosterkirche ist vollendet: Jetzt fehlen nur noch die Türen für die Portale. Die großen Tannenbretter aus dem Schwarzwald liegen bereit, sie werden mit Tierhäuten bespannt und mit eisernen Ornamenten beschlagen. Die Türflügel am Haupt- und am Südportal der Klosterkirche haben sich bis heute im Original erhalten. Sie zählen die ältesten datierbaren Türen Deutschlands.
Den Mönchen geht es jetzt gut: das Kloster wirft genug ab, um die Ernährung zu sichern. Im Sommer bekommt jeder Mönch zwei Mahlzeiten am Tag, im Winter nur eine. Auf dem Speiseplan steht jeden Tag ein Brot aus einem Pfund gesiebtem Mehl, Brei, Gemüse, Obst, Fisch. Manchmal gibt es Geflügel, anderes Fleisch ist tabu. Gewürzt wird mit Salz – und das ist teuer.
Ein eleganter neuer Baustil kommt aus Frankreich. Nur – wer ihn ins Kloster Maulbronn mitgebracht hat, das weiß man heute nicht mehr. Deshalb geben die Bauforscher dem Künstler den Namen „Paradies-Baumeister“. Mit seiner Steinmetztruppe errichtet er unter anderem das Paradies, also die Vorhalle der Kirche, den südlichen Kreuzgangflügel und das elegante Herrenrefektorium. Die Zisterzienser von Maulbronn haben einen absoluten Meister seines Faches verpflichten können!
Die Mönche in Kloster Maulbronn haben einen guten Ruf für ihre kunstvollen Bücher. In der Schreibwerkstatt, dem Skriptorium, schreiben sie die Texte ab und verzieren sie mit feinen Zeichnungen. Erhalten ist davon kaum etwas. Ein rares Beispiel ist das Maulbronner Antiphonar, das im Jahr 1249 vollendet war. Es gilt als die bedeutendste künstlerische Leistung des Maulbronner Skriptoriums, von der man heute noch weiß.
Text:Die Kirche wird modernisiert: Große gotische Fenster sind die Neuerung. Die riesigen Maßwerkfenster verwandeln mit ihren farbig leuchtenden Glasflächen den Kirchenraum in einen funkelnden Schrein. Aber in Kloster Maulbronn wird eigentlich immer irgendwo etwas gebaut, erneuert und verbessert: Das Kloster entwickelt sich weiter.
Die thronende Madonna mit dem Jesuskind entsteht Anfang des 14. Jahrhunderts, das können die Forscher heute durch die Jahresringe des Holzes bestimmen. Aber wie kommt das Meisterwerk aus dem Rheinland nach Kloster Maulbronn? Wer stiftete sie für die Zisterzienserkirche? Bis heute sind das offenen Fragen. Einst leuchtete die Himmelskönigin in kräftigen Farben und war gekleidet in einen Mantel mit einer Edelsteinborte. Sie ist im Chor der Klosterkirche zu bewundern.
So ein Kloster ist ein heiliger Ort – aber wissen das alle? In gefährlichen Zeiten schützt eine Mauer rund um das Klostergelände die Mönche und ihr Reich. Der aktuelle Grund: Dem Kloster ging es wirtschaftlich sichtbar gut, das weckte Neid. Zudem übernahmen neue Herren die Aufsicht über die Sicherheit des Klosters: die Pfalzgrafen bei Rhein. Der Mauerring wird daher erweitert und stärker befestigt.
In dieser Zeit wird die Klosterkirche wieder einmal umgebaut: Das Langhaus erhält sein gotisches Gewölbe. Meister Ulrich zeichnet verantwortlich für die Wandbilder im Kirchenschiff. Er lebt im Kloster Maulbronn und ist ein Laienmönch. Selbstbewusst signiert er sogar unter dem Stifterbild, auf dem Walter von Lomersheim und Bischof Günther von Speyer der Schutzpatronin Maria ein Modell der Kirche präsentieren.
Auch ein erfolgreiches Kloster wie Maulbronn braucht in allen Jahrhunderten Anregung und frischen Wind. Die Mönche besinnen sich darauf, dass ihr Kloster ein Ort für Gebet und Studium ist. So eine Periode der Besinnung auf die alten Werte gibt es in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Sichtbares Zeichen: Maulbronn kauft 41 theologische, 21 juristische und 2 medizinische Handschriften aus dem Zisterzienserkloster Arnsburg – geistlicher und geistiger Input für die Mönche.
An der Zahl der Mönche lässt sich leicht ablesen, wie attraktiv das Kloster ist: 100 Mönche leben in der Klausur, bald darauf steigt die Zahl sogar auf 135, am Ende des Jahrhunderts sind es wieder 100. Kloster Maulbronn war am Vorabend der Reformation ein großer, lebendiger Konvent, der viele Menschen anzog!
Der berühmte Doktor Faustus soll 1516 in einem Turm an der Südostecke des Klosters gewohnt haben. Und die Geschichte wird noch erstaunlicher: Faust sollte für den Maulbronner Abt Johann Entenfuß Gold herstellen, der Abt habe zu hohe Schulden gemacht… Ziemlich sicher ist allerdings, dass der gelehrte Zauberer und Alchemist aus dem nahen Knittlingen stammte – da lag es nahe, ihn nach Maulbronn zum Goldmachen einzuladen. Doch über das Ergebnis der alchemistischen Arbeiten schweigt die Geschichte.
Es ist die Zeit der Glaubensumbrüche: In Kloster Maulbronn tritt der erste evangelische Abt sein Amt an. Noch dazu ist er verheiratet! Begonnen hat Valentin Vannius, der neue Herr über das Kloster, als katholischer Mönch in Kloster Maulbronn. Nach seinem Übertritt zum protestantischen Glauben wird er zum Fachmann für Reformationsfragen und wirkt in vielen Gremien des Landes mit.
Bevor Anfang des 17. Jahrhunderts der als achtes Weltwunder gerühmte „Pfälzische Garten“ Gestalt annimmt, ist die Umgebung des Schlosses noch nicht gärtnerisch gestaltet: Gräben und Wälle prägen die nähere Umgebung. Einzig einen kleinen „Hasengarten“ gibt es, einen Burggarten außerhalb des Wallgrabens. Er ist mit einer Mauer und Türmen befestigt und in seiner Mitte befindet sich ein achteckiger, zweistöckiger Pavillon – vielleicht werden hier Vögel gehalten? Ausgehend von dieser Stelle wird später der berühmte „Hortus Palatinus“ entstehen.
Dass das Leben in der Klosterschule Maulbronn nicht immer leicht ist, belegen die Aufzeichnungen mancher Schüler. Johannes Kepler (1571–1630), der berühmte Astronom, erhält seine höhere Schulbildung in Maulbronn. Er schreibt von seinem ersten Jahr in Maulbronn: „1586 habe ich Hartes erduldet und wäre von Sorgen fast verzehrt worden.“ Dennoch – besseres als die württembergischen Klosterschulen gab es kaum. Denn sie waren offen für alle begabten Jungen, unabhängig vom Stand der Eltern.
Der Dreißigjährige Krieg ist beendet und die Menschen sind wieder voller Hoffnung. Als Zeichen der Zuversicht werden an vielen Orten Linden gepflanzt – und der Überlieferung nach gehört auch die Friedenslinde in Kloster Maulbronn dazu. Sicher ist, dass der Baum vor der Klosterkirche sehr alt ist. Im 19. Jahrhundert ist sie als bereits mächtiger Baum in den Turnplatz des Seminars eingebunden.
Der spätere Dichter Friedrich Hölderlin (1770–1843) ist Klosterschüler. Über Jahrhunderte sind viele Männer, die später die Politik, die Wissenschaft und die Kultur bestimmten, in einer der Klosterschulen des Landes. Pfarrer oder Staatsbeamte sollten aus ihnen werden. Aber viele brechen auch aus der geplanten Laufbahn aus – wie Hölderlin. Der wirft gleich die Schulregeln über den Haufen und stürzt sich in eine schwärmerische Liebesbeziehung mit der Tochter des Klosterverwalters: Louise Nast.
Von Frauen in Kloster Maulbronn gibt es wenig zu erzählen, kein Wunder, zur Zeit der Zisterziensermönche leben hier nur Männer. Und die Klosterschule steht nur Knaben offen. Auch Caroline Schlegel-Schelling hat nicht in Maulbronn gelebt. Die Intellektuelle aus der Zeit um 1800 war nacheinander mit den Philosophen Schlegel und Schelling verheiratet. Sie stirbt an einer Durchfallerkrankung, auf Besuch bei den Schwiegereltern Schelling in Kloster Maulbronn. Begraben ist sie auf dem Klosterfriedhof.
Die Zeit der klösterlichen Uniform für die Klosterschüler ist zu Ende: Die schwarzen Kutten werden abgeschafft. Eine modernere Zeit bricht an. Mit der klösterlichen Kleiderordnung lockert sich auch die strenge Schulordnung für die Seminaristen. Das ist ein Ergebnis pädagogischer Reformen, die aus den ehemaligen Klosterschulen staatliche Seminare machen.
Kunststudenten der Akademie in Karlsruhe entdecken das alte Kloster Maulbronn. Sie nehmen die reizvollen mittelalterlichen Mauern als Motiv für ihre Bilder – und machen damit die Schönheit des einstigen Klosters bekannt. Ab jetzt dokumentieren viele Gemälde und Grafiken die Wertschätzung für das Kloster – als künstlerisches Motiv, aber auch als historisches Denkmal.
Justinus Kerner (1786–1862) ist einer der bekanntesten Vertreter der schwäbischen Romantik des 19. Jahrhunderts. Er verbringt seine Kindheit in Maulbronn, denn sein Vater war dort Oberamtmann. 1849 erscheinen Kerners Kindheitserinnerungen: „Das Bilderbuch aus meiner Knabenzeit“. Von der mittelalterlichen Klosteranlage und der umgebenden Natur ist Kerner tief beeindruckt.
Der dreischalige Brunnen im Kreuzgang wird aufgestellt: Das Wahrzeichen von Maulbronn ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts – nach mittelalterlichem Vorbild. Denn hier in der Brunnenstube stand schon von Beginn an ein Brunnen. Der neu montierte Brunnen nutzt ältere Elemente und verbindet sie mit modernen Ergänzungen – raffiniert unauffällig.
Kein Dichter hat Kloster Maulbronn so detailliert beschrieben wie Hermann Hesse (1877–1962). Dabei sind viele Literaten in ihrer Jugend Seminaristen in Maulbronn. Hesse ist nur ein Jahr lang hier, 1891, und leidet sehr unter der Strenge der Schule. Seine Erlebnisse verarbeitet er in dem Roman „Unterm Rad“, der 1906 erscheint. Er beschreibt viele Details und nennt das Seminar eine „in das wundervolle Zisterzienserkloster eingenistete staatliche Drillanstalt mit ihrer Aufgabe, württembergische Staatspastoren heranzubilden…“
Die nationalsozialistische Regierung von Württemberg beschlagnahmt das Kloster und schließt das Evangelische Seminar – dies geschieht in Maulbronn ebenso wie in den anderen Schulen in Urach, Schöntal und Blaubeuren. In Maulbronn wird stattdessen eine nationalsozialistische „Aufbauschule“ eingerichtet. Unmittelbar nach dem Ende des Krieges kehrt das Evangelische Seminar zurück in die unzerstörten Räume von Kloster Maulbronn und nimmt den Lehrbetrieb auf.
Kloster Maulbronn ist immer wieder ein Ort, der die Dichter inspiriert: so auch Theodor Heuss, das erste Staatsoberhaupt der Bundesrepublik. Der Journalist und Schriftsteller wächst in Brackenheim, ganz in der Nähe von Maulbronn, auf. Seine Erinnerungen an Kloster Maulbronn mit dem Titel „Von Ort zu Ort. Wanderungen mit Stift und Feder“ erscheinen 1959.
Kloster Maulbronn mit seinen stimmungsvollen Räumen inspiriert viele Musiker: Aus der Bachwoche entsteht die Konzertreihe „Klosterkonzerte Maulbronn. Musikfestival im Weltkulturerbe“ – bald schon ein Begriff weit über die Region hinaus.
Die UNESCO erhebt Kloster Maulbronn zum Welterbe der Menschheit. Die Begründung: Das einstige Zisterzienserkloster ist die am vollständigsten erhaltene mittelalterliche Klosteranlage nördlich der Alpen. Kloster Maulbronn wird ab jetzt immer mehr zum Reiseziel für Touristen aus aller Welt.
Unter den Sonderbriefmarken der Deutschen Post gibt es seit 1990 eine eigene Serie mit dem Titel „Weltkulturerbe der UNESCO“. Am 22. Januar 1998 erscheint eine Sondermarke der Deutschen Bundespost, auf der die Klosterkirche von Maulbronn und der Grundriss des Klosters gezeigt werden.
Das Kloster inspiriert nicht nur Dichter, sondern auch Regisseure. Margarete von Trotta dreht in Kloster Maulbronn den Kinofilm „Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen“. Es ist nicht der erste Film: „Der Name der Rose“ spielt ebenfalls zum Teil in Kloster Maulbronn.
Seit 2013 ist das Kloster auf der Rückseite einer 2-Euro-Münze zu sehen, die zur Bundesländer-Serie gehört. Das Motiv wird vom Pforzheimer Graveur Eugen Ruhl entworfen und zeigt die beiden bekanntesten Bauteile des Klosters: das Paradies, die Vorhalle der Klosterkirche Maulbronn von 1220, und den dreischaligen Brunnen im Kreuzgang.
Die Klosterkirche bekommt eine neue Glocke: Sie ersetzt die älteste Glocke des Enzkreises, gegossen in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts von Meister Cunrad von Fulda. Ihr Platz ist im kleinen Dachreiter der Klosterkirche. Mit ihrem Durchmesser von 54 Zentimetern ist die neue Glocke 20 cm kleiner als die „Cunrad“ und in ihren Abmessungen auf die Statik des Dachreiters abgestimmt. Ihr Ton – ein „As“ – erklingt unter anderem bei Taufgottesdiensten. Die wertvolle Glocke von Meister Cunrad wird geschützt vor der Witterung im Kirchendach aufgehängt.