DAS ZISTERZIENSERKLOSTER WIRD KLOSTERSCHULE
Als Zisterzienserkloster konnte Maulbronn um 1500 auf eine ehrwürdige Tradition zurückblicken: Es hatte beste Verbindungen zu den Mächtigen der Zeit und es war durch sein gutes Wirtschaften reich. Davon zeugen bis heute die große Klosterkirche und der Kreuzgang mit den umschließenden Gebäuden, in denen die Mönche lebten. Als die württembergischen Herrscher im 16. Jahrhundert die Reformation einführten, lösten sie Maulbronn wie alle Klöster auf und übernahmen den Besitz. In den großen Bauten der Klausur richteten sie eine evangelische Klosterschule ein, in der begabte württembergische Jungen auf das Theologiestudium vorbereitet wurden: Das Land brauchte gut ausgebildete protestantische Pfarrer.
HEINRICH SCHICKHARDT STOCKT DAS BRUNNENHAUS AUF
Das System der Klosterschulen sorgte zugleich dafür, dass die Klostergebäude bestehen blieben. Denn die repräsentativen mittelalterlichen Bauwerke waren stabil und dauerhaft nutzbar. Man zog einfach unter die Dächer der vorhandenen klösterlichen Gebäude, Umbauten brauchte es kaum. Eine prominente Ausnahme ist in Maulbronn der sogenannte „Hörsaal“. Der berühmte württembergische Baumeister Heinrich Schickhardt war es, der den Fachwerkaufbau auf dem Brunnenhaus mit dem berühmten dreischaligen Brunnen setzte. Bis heute dient der Hörsaal dem gleichen Zweck: Den Unterrichtsraum für die Schülerinnen und Schüler des Evangelischen Seminars nennen manche das „schönste Klassenzimmer Deutschlands“.
NEUE TRADITION DER EVANGELISCHEN ÄBTE
Auch wenn das Kloster aufgehoben war: Die neuen evangelischen Leiter führten den Titel Abt, ganz in der Tradition ihrer Vorgänger im Zisterzienserorden. Als Prälaten hatten sie einen Sitz im Landtag – und damit eine politische Macht, die mit den weitgehend souveränen Äbten des Mittelalters gut vergleichbar war. Vom Stolz der neuen Maulbronner Obrigkeit zeugen die vielen Grabmonumente aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die sich in den Kapellen der Seitenschiffe der Klosterkirche erhalten haben. Sie stammen von evangelischen Äbten, von Klosterverwaltern und deren Familien. Die protestantischen Theologen- und Gelehrtenkreise formierten über die Generationen eine typisch württembergische Machtelite, die Ehrbarkeit: Man war untereinander verwandt und kannte sich – nicht zuletzt von der Ausbildung in Maulbronn.
DIE ERSTEN FRAUEN KOMMEN MIT DER REFORMATION
Das mittelalterliche Zisterzienserkloster war eine reine Männerbastion. Mit der Reformation treten am Ende des 16. Jahrhunderts auch Frauen ins Maulbronner Licht. Denn seit Martin Luthers Zeit waren evangelische Pfarrer verheiratet – und mit ihnen zogen auch ihre Ehefrauen in Maulbronn ein. Ihre Namen finden sich auf den Grabplatten der Klosterkirche, als früheste etwa der von Margarethe Schropp: Die Ehefrau des Abtes Jakob Schropp starb im Jahr 1583.
VERÄNDERUNGEN IN DER EINSTIGEN KLOSTERKIRCHE
Die Reformation brachte einen ganz grundsätzlichen Wandel für die Klosterkirche. Bisher war der Bereich der Mönche das Zentrum der Kirche: Vom Chorgestühl aus folgten die Brüder der Messe am Hochaltar. Die einfachen Gläubigen waren durch die Wand des Lettners davon getrennt – und hatten einen eigenen Altar. Mit der Reformation wurde der Gottesdienst zur gemeinsamen Sache für alle Gläubigen. Der Lettner, die alte Abtrennung des Chorraums vom Kirchenraum der Laien, blieb in Maulbronn dennoch bestehen. Das Herzstück des neuen evangelischen Gottesdienstes war der Text der Bibel und seine Auslegung in der Predigt. Diese Auslegung war nicht denkbar ohne die Zuhörer, die Gemeinde der evangelischen Gläubigen. Als die Maulbronner Klosterkirche zur Gemeindekirche wurde, brauchte es daher vor allem eine Kanzel, von der aus der evangelische Geistliche zu seiner Gemeinde predigen konnte. Sie entstand in den Jahren 1560 unter dem evangelischen Abt Valentin Vannius.
NEUE NUTZUNG SORGT FÜR DIE ERHALTUNG ÜBER 500 JAHRE
Aus dem geistlichen Zentrum, welches das Zisterzienserkloster einst war, wurde mit der Klosterschule ein Ort, der für die geistige Entwicklung in Südwestdeutschland einen kaum zu überschätzenden Beitrag leistete. Das macht Kloster Maulbronn einzigartig: Hier hat sich nicht nur die Klausur mit der Klosterkirche erhalten. Die kontinuierliche Nutzung bewahrte die Bauwerke des Wirtschaftshofes, die landwirtschaftlichen Gebäude, die Befestigungen und sogar die klösterliche Kulturlandschaft bis heute. Sie dokumentieren den Wandel über die Jahrhunderte – und gerade dieser Wandel garantierte ihren Erhalt.
SERVICE UND INFORMATION
Die Klausur von Kloster Maulbronn ist ab dem 24. Oktober wegen der aktuellen Entwicklung der Corona-Pandemie geschlossen. Der Klosterhof ist frei zugänglich.
WEITERE INFORMATIONEN
Kloster Maulbronn
75433 Maulbronn
Telefon +49 (0) 70 43 . 92 66 10
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