Die Friedenslinde im Klosterhof wird gekürzt
Dramatisch war die Hiobsbotschaft, dass die riesige und Jahrhunderte alte „Friedenslinde“ im Klosterhof von Maulbronn durch einen Schadpilz bedroht ist. Jetzt beginnen die Sanierungsmaßnahmen. Sichtbares Zeichen: Am Montag, 17.6., wird die Krone des historischen Baumriesen gekürzt – um ganze sechs Meter in der Höhe! Die Staatlichen Schlösser und Gärten leiten jetzt die ersten Schritte ein, um den Baum möglichst lange zu erhalten.
TROTZ PILZBEFALL UND GEFÄHRDUNG STANDFEST
„Große Erleichterung“ habe er gespürt, sagt Peter Braun, der Leiter der Klosterverwaltung, als bei der Zugprobe im Mai sich die Friedenslinde als noch stabil genug erwiesen hatte. „Der Klosterhof ohne diesen Baum – das hätte ich mir nie vorstellen können“, sagt der leidenschaftliche Maulbronner. Aber die Gefahr war groß: Bei der jüngsten Untersuchung im Auftrag der Staatlichen Schlösser und Gärten war festgestellt worden, dass der alte Baum vom Brandkrustenpilz befallen ist. Dieser Pilz schädigt die Baumwurzeln und hat damit, so das Fachgutachten, erheblichen Einfluss auf die Standsicherheit. Da die Friedenslinde auf dem von vielen Menschen frequentierten Klosterhof des UNESCO-Denkmals steht, waren die Staatlichen Schlösser und Gärten alarmiert. Zwar hatte eine eindrucksvolle Belastungsprobe die Standfestigkeit des Baums erwiesen, aber zugleich war klar: Der Baum muss beschnitten werden, um die Bruchgefahr zu vermindern.
BAUMDENKMAL MIT GESCHICHTE
Die Friedenslinde ist sehr alt; möglicherweise stammt sie aus dem 17. Jahrhundert. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1648 wurden an vielen Orten solche „Friedenslinden“ gepflanzt. Die Linde vor der Westfassade des Klosters und vor dem „Paradies“ gehört nach der lokalen Maulbronner Überlieferung zu dieser Tradition. Darauf weist unter anderem das „Maulbronner Heimatbuch“ hin. Sicher ist, dass der Baum alt ist. Im 19. Jahrhundert war sie bereits ausgewachsen und in den Turnplatz des Seminars eingebunden.
MASSNAHMEN ZUR VORLÄUFIGEN ERHALTUNG
Der Schnitt findet jetzt am Montag statt: Ab dem frühen Morgen wird die Krone des Baums nach einem vorher festgelegten Plan beschnitten. Insgesamt sechs Meter Höhe wird er verlieren. Außerdem werden die Fachleute zur Verbesserung des Bodenlebens in der Nähe der Baumwurzeln „Ekto- und Endomykorrhizza“ in die obere Schicht der Baumscheibe einbringen. „Das sind lebendige Organismen aus der Gruppe der Pilze. Sie leisten einen wichtigen Beitrag in den verschiedenen Ökosystemen“, erklärt Diplomingenieurin Esther Robra, die bei den Staatlichen Schlössern und Gärten die Sanierung betreut. Sie verweist auf das Fachguthaben, das die Grundlage der Maßnahmen bildet: Es empfiehlt den Einsatz dieser Pilze, die in Symbiose mit Baumarten leben. Sie unterstützen die Wurzeln beim Aufnehmen von Wasser und Nährstoffen.
Prof. Dr. Hartmut Troll, bei den Staatlichen Schlössern und Gärten für alle historischen Gärten zuständig, hatte bereits im Mai, nach dem erfolgreichen Belastungstest die jetzt stattfindenden Sanierungsschritte angekündigt. Künftig wird der alte Baum zudem verstärkt und engmaschiger von den Staatlichen Schlössern und Gärten überwacht: Alle 9 Monate soll die Linde kontrolliert werden. „Unser wichtigstes Ziel ist es, den alten Baum solange wie möglich zu erhalten.“ Dennoch: Aufzuhalten ist der Schadpilzbefall nicht. Laut Gutachten wird die Linde jedoch mit den Maßnahmen für die nächsten Jahre erhalten werden können. In dieser Zeit werden die Staatlichen Schlösser und Gärten die Friedenslinde vegetativ vermehren, gewissermaßen „klonen“, um in ein paar Jahren im Sinne der Authentizität des Denkmals eine geeignete Nachfolgerin als Friedenslinde pflanzen zu können.