„Pr. Baeumlein liest mir den Leviten“, Karikatur, 1830-1850

Lernen mit langer TraditionDie Klosterschule

Viele Persönlichkeiten der deutschen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte, darunter Johannes Kepler und Hermann Hesse, erhielten ihre Ausbildung in der Klosterschule von Maulbronn. Im Evangelischen Seminar drücken heute Mädchen und Jungen gemeinsam die Schulbank.

Klosterhof von Kloster Maulbronn mit Brunnen

Der Klosterhof wird zum Schulhof.

Vom Kloster zur Schule

1504 eroberten die Württemberger das Kloster Maulbronn. Im Zeitalter der Reformation wurde es als geistliche Institution aufgehoben und bekam neue, weltliche Funktionen: Maulbronn entwickelte sich zum Verwaltungszentrum und ähnelte zusehends einer schwäbischen Kleinstadt. Herzog Christoph von Württemberg ließ mit seiner neuen Kirchenordnung von 1556 die 13 Männerklöster Württembergs in Klosterschulen umwandeln. Auch in Maulbronn sollte nun der evangelische Pfarrer-Nachwuchs im Land ausgebildet werden.

Eine hochmoderne Einrichtung

Bei ihrer Gründung waren die Klosterschulen hochmodern: Erstmals erhielten auch Kinder aus ärmeren Familien die Möglichkeit einer höheren Schulbildung. Sie war verbunden mit der Auflage, anschließend am Tübinger Stift Theologie zu studieren und später Pfarrer oder Lehrer zu werden. Die 10- bis 14jährigen Jungen, die die Aufnahmeprüfung bestanden, bekamen ein Stipendium für die Ausbildung. Der Schulalltag war von einer Fülle an Lehrstoff, strenger Disziplin und Erfolgsdruck geprägt.

Schüler und Lehrer, Karikatur, 19. Jahrhundert, heute im Infozentrum des Klosters Maulbronn
Schüler und Lehrer, Karikatur, 19. Jahrhundert, heute im Infozentrum des Klosters Maulbronn
Schüler und Lehrer, Karikatur, 19. Jahrhundert, heute im Infozentrum des Klosters Maulbronn

Karikaturen aus dem Schulalltag, 19. Jahrhundert, heute im Infozentrum des Klosters.

Außenansicht des ehemaligen Herrenhauses, Kloster Maulbronn

Ehemaliges Herrenhaus, heute Seminar.

Pädagogische Reformen im Evangelischen Seminar

1806, während der Säkularisation, gingen alle Klöster in Staatsbesitz über. Die Klosterschulen wurden zu Körperschaften öffentlichen Rechts und in Evangelisch-Theologische Seminare umbenannt. Sie dienten nach wie vor dem Zweck der Ausbildung protestantischer Pfarrer. Doch pädagogische Reformen lockerten die Schulordnung und modernisierten die Lehrpläne. 1817 gab es vier Evangelische Seminare in Württemberg, heute existieren nur noch die Seminare in Blaubeuren und Maulbronn.

Lange Tradition

Die bis in die Gegenwart reichende 460-jährige Kontinuität der Maulbronner Klosterschule ist lediglich zwei Mal unterbrochen worden: während des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648) als für einige Jahre wieder Zisterziensermönche in Maulbronn einzogen, und in der Zeit des Nationalsozialismus, als 1941 das Kloster beschlagnahmt, das Seminar geschlossen und die Räumlichkeiten von einer natioalsozialistischen „Aufbauschule“ übernommen wurden.

Außenansicht des ehemaligen Jagdschlosses, Kloster Maulbronn

Ehemaliges Jagdschloss, heute Seminar.

Schulbetrieb heute

Seit 1972 werden in Maulbronn Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet. Der Geschichte und Tradition verpflichtet: Die evangelische Landeskirche und das Land Baden-Württemberg als Träger des Maulbronner Seminars entschlossen sich zu einem weiteren Ausbau des Gymnasiums. Seit 2010 müssen die Schüler ab Klasse 11 nicht mehr nach Blaubeuren wechseln, sondern können in Maulbronn ihr Abitur ablegen.